10 Prozent (ja, zehn!) Islands sind von Gletschern bedeckt. Gletscher sind extrem wichtig für Island und ein großer Bestandteil der Identität des Landes und seiner Menschen. Einer davon hat den Namen Langjökull, was so viel bedeutet wie: (Trommelwirbel!) Langer Gletscher. Der ist nicht nur lang sondern richtig groß, irgendwas zwischen Berlin und Singapur, er schrumpft ja leider. Er ist nicht der größte, aber sehr wichtig, weil er die Trinkwasserversorgung von Reykjavik darstellt. Das überaus köstliche Trinkwasser in der Hauptstadt ist Gletscherwasser, durch eine monatelange Reise durch Fels gefiltert und angereichert.
Auf dem Langjökull – eigentlich im Langjökull – waren wir am Donnerstag. Man kann sich da auf ca. 1.400 Höhenmeter raufkutschieren lassen. Zunächst gilt es, eine abenteuerliche Schotterpiste über das vom zurückweichenden Gletscher hinterlassende Geröllfeld zu befahren. In Island macht man das mit einem höher gelegten Reisebus mit Allradantrieb, der fährt mit einem Affenzahn den Berg rauf, ohne Rücksicht auf Stoßdämpfer und Passagiere, es spritzt der Gatsch höher als der Bus.

Auf dem Weg rauf gibt es wieder mal den obligatorischen Regenbogen, man sieht auf Island ständig welche. Das Foto ist durch das dreckige Busfenster aufgenommen:

Man wird zum sogenannten Basecamp geführt und muss dort aus dem Bus aussteigen um mit wasserfester Schutzkleidung und Hauben ausgerüstet zu werden, was man halt so brauchen könnte und nicht mithat. Wir werden gelobt, weil wir nix brauchen und bestens ausgerüstet scheinen. Allerdings: unser „We also have glaciers in Austria“ wird milde belächelt.
Danach steigen wir in den sogenannten Monstertruck, das ist eine umgebaute mobile NATO-Marschflugkörper-Startrampe. Dort, wo die Rakete war, ist jetzt ein Passagierraum. Das Gefährt ist aus den 80ern und ein Geschenk von Kanada mit der Auflage, es nicht für militärische Zwecke zu nutzen. Es kann während der Fahrt die Luft aus den Reifen lassen, damit es am Gletscher mehr Grip mit den Spikes hat. Und den hat es, das Ding fahrt übers Eis als wär nix. Mit den vielen Rädern und dem Allrad sind ihm meterlange Spalten im Gletscher wurscht.

Es ist extrem nebelig und saukalt, aber wir fahren tatsächlich über das Eis und erfahren allerhand Interessantes über Gletscher und deren Eigenheiten und Gefahren. Wir haben eine Biologin und Gletscherforscherin an Bord, die sich von uns und der indischen Reisegruppe mit Fragen löchern lässt.

Oben angelangt, es ist noch saukälter und extrem stürmisch, müssen wir ein wenig warten, weil der Eingang zur Gletscherhöhle zugeschneit ist und erst freigeschaufelt werden muss.

Dann ein Tunnel, nach langwierigen Verhandlungen mit der Regierung 2014 offiziell genehmigt, zunächst mit Schaufeln per Hand gegraben, dann haben sie eine Akku-Bohrmaschine verwenden dürfen. Alles, um dem Gletscher möglichst wenig zu schaden! Der Tunnel muss ständig offen gehalten werden, der Gletscher würde ihn sonst innerhalb von drei Jahren zuwachsen lassen. Man sieht die einzelnen Schichten, das Eis wird immer blauer, je tiefer man ins Innere vordringt. Wir haben unsere eigenen Grödel an, die funktionieren viel besser als die von den Veranstaltern.
Es ist fantastisch, ich kann es gar nicht in Worte fassen.

Hier zum Beispiel: der untere dunkle Strich ist die Ascheschicht vom Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010, der obere Strich ca. 1 Meter drüber ist die Asche vom Jahr darauf. Der Meter Gletschereis entspricht ca. 40 Meter Schnee!

Zur Abrundung noch eine Gletscherspalte von unten, ein Anblick, den man sonst nirgendwo zu sehen bekommt. Wir sind 30 Meter unter der Gletscheroberfläche. Die Gletscherspalte war ursprünglich nach oben offen, aber der Gletscher lebt und wandert und öffnet und schließt seine Spalten wie es ihm beliebt.
