Oh James…

So, Kriterien hamma. Und was jetzt?

Jetzt kommen wir zur Auswertung der Daten. Grundlage ist eine Tabelle in Excel, in die ich meine Hörerlebnisse eingetragen habe und die mir hilft, die gewonnenen Daten grafisch darzustellen. Wer möchte, kann sich das anschauen, hier bitte.

Betrachten wir erst mal die Situation meiner 9 Kriterien, und zwar interessiert mich, welches Kriterium wie oft in allen Bondsongs vorkommt:

Also sowas. So etwas Starkes wie das Bondmotiv kommt nur bei einem Drittel der Nummern vor. Bei Intervall und Akkord schaut es noch schlechter aus! Beim Entwickeln der Kriterien habe ich ganz andere Prozentsätze erwartet. Die stärksten drei Kriterien in meinem Diagramm sind halbtonlastige Melodieführung, Mondän und Bläser. Die am schwächsten Vertretenen sind Intervall, Akkord und Text. Überhaupt schaut es so aus, als hätte der Großteil der Bondsong nur schwach ausgeprägte Kriterien. Oder überhaupt keine.

Aber wie heißt es so schön: „vertraue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefäscht hast“, schauen wir uns also die Datenlage aus einer anderen Richtung aus an. Die für mich wichtigsten Kriterien sind die vier Musik-Kriterien: Motiv, Intervall, Akkord und Halbton. Wenn wir jeden einzlnen Song in einer Musikkriterium-Matrix betrachten, sehen wir folgendes (sortiert nach Häufigkeit und Alter):

Aha! Nur 5 Bondsongs haben kein Musikkriterium. Das heißt, 81 % haben sehr wohl mindestens eines, somit bin ich beruhigt. Zum einen, weil meine Kriterienwahl offenbar doch nicht so ein Topfen war und zum anderen, weil wir somit der Sache näher kommen: Wann ist ein Bondsong ein Bondsong?

Werfen wir nochmals einen Blick auf die Songliste, diesmal über alle 9 Kriterien:

Nur zwei Lieder haben kein Kriterium: Eines ist ein Paul McCartney-Geistesblitz (Live and Let Die), eines eine fade Schnulze (For Your Eyes Only), immerhin Oscar-nominiert. Und alle 26 sind Titellieder von James Bond Filmen! Offenbar reicht diese Kombination, ich bin zufrieden.

Interessant an obigem Diagramm ist, dass die drei Kriteriengruppen relativ schön aufgeteilt sind. Es fällt eher auf, wenn eine Gruppe fehlt, No Time to Die und das originale James Bond Theme z.B. haben zwar viele Kriterien, aber keines aus der Meta-Gruppe. Die Another Day von der Madonna hat wiederum ausschließlich Kriterien aus Musik, The Living Daylights von A-Ha dafür nur Stil-Kriterien.

Noch etwas Interessantes lässt sich aus meinen gesammelten Daten ableiten: Die bisher fünf Schauspieler korrelieren mit unterschiedlichen Kriterienhäufigkeiten. Da allerdings nicht jeder gleich viele Filme gedreht hat, wäre es unfair, die gefundenen Kriterien einfach für jeden Bonddarsteller zusammen zu zählen, der George Lazenby z.B. hat ja nur einen Film drehen dürfen. Ich habe also arithmetisch gemittelt, um die Kriterien-pro-Film-Rate pro Darsteller zu finden:

Wir haben einen klaren Verlierer! That is unfortunate, Sir Roger, isn’t it?

Nun gut, man könnte jetzt natürlich sagen, dass die Darsteller ja überhaupt keinen Einfluss auf Art und Stil des Titelsongs haben, nur will ich das nicht: Für mich sind das Gesamtpakete, ein Pierce Brosnan Bondfilm ist etwas anderes als ein Roger Moore Bondfilm, und zwar mit allem, was dazugehört: Darsteller, evtl. Witz, ausweglose Situationen, coole Action, Pläne, Bösewichtqualität und eben das Titellied.

Vielleicht kann man sagen, die Bondsongs, zumindest ihr Stil, sind Kinder ihrer Zeit. Somit gibt es die letzte Grafik, nämlich die druchschnittlichen Kriterien pro Dekade:

Und was sehen wir da? In den 70ern und 80ern gab es offenbar ein zu heute unterschiedliches Bond-Hit-Verständnis, das nicht meinen Kriterien entspricht. Aber jetzt befinden wir uns ganz klar in einer Bondsong-Renaissance! Alles wird wie früher, nur besser! Juhuu! Bin ja gespannt, was da noch alles kommt. Zum Beispiel wann wir eine Jane Bond bekommen werden…